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08.09.2005


Intervention der Hoffnung

von Lore Bardens

Eckard Hauser in der Galerie Ruhnke: Eine Kunst gegen die Beliebigkeit

Eckard Hauser in der Galerie Ruhnke: Eine Kunst gegen die Beliebigkeit Wenn Eckard Hauser vor den Bildern seiner Serie „Mia mano“ (meine Hand) aus dem Jahr 1999 steht und erklärt, wie er sie gemacht hat, fahren beide Hände synchron über eine imaginäre Fläche, über die er die italienisch-erdigen Farbpigmente reibt. „Ich komme damit zum Ursprung der Malerei zurück,“ sagt er. In einer meditativen Bewegung trägt er das Pulver auf die Leinwand auf, ohne dass ein distanzierendes Werkzeug gebraucht wird. In diesem intuitiven Akt entstehen harmonische Farbflächen, die durch später gesetzte Linien und Punkte in eine spielerische Spannung gebracht werden. Das Ergebnis sind helle, fröhliche, an ein von uns allen verlassenes Universum seelischer Reinheit und vielleicht an Werke von Miró oder Tàpies erinnernde Arbeiten. Doch Hauser benötigt keinen Vergleich. Diese Bilder erhalten poetische Titel, wie „Erfahrungen aus dem Reich der Träume“ oder „Insel der Hoffnung“. Ja, es ist eine Insel der Hoffnung, in die der 1940 in Stuttgart Geborene die Galerie Ruhnke verzaubert. Sie umfängt eine zehnjährige Schaffensperiode des Malers, der sich seit Mitte der neunziger Jahre von der angewandten Kunst am Bau der so genannten zweckfreien Kunst zugewandt hat. Zum Glück! Denn die chronologisch geordneten Werke sind im doppelten Sinne malerische Zeugen einer intensiven Suche nach Ausdrucksmitteln dessen, was jenseits aller Ratio liegt. Zurück zu den Ursprüngen des seelischen Empfindens, so könnte man, wenn man es wagte, diese Dekade von Eckard Hauser bezeichnen. Erstaunt vernimmt man, dass er die Welt durch seine Arbeiten verändern möchte, eine Haltung, die angesichts resignativer und großspuriger Töne seiner Berufskollegen trotzig wirken könnte.   Doch aus ihm spricht eine unmittelbare Kraft, die sich intuitiv gegen postmoderne Beliebigkeit sträubt. 1993 verlegte der Künstler seinen Lebensmittelpunkt nach Urbino in Mittelitalien, und nannte einen Zyklus von Arbeiten „Interventi“ (Eingriffe). Marmorstaub mit Farbpigmenten vermischt er auf großflächigen Leinwänden. Diese Farbschichten erzielen eine dreidimensionale und fühlbare Wirkung, manchmal wie ein Teig, der weiterzukneten wäre. Wie stark die Eingriffe auch ihn betrafen, musste der Künstler erfahren, denn auf seinem Kopf prangt inzwischen eine Narbe in exakt der sichelförmigen Zeichenhaftigkeit, die er vorher rot über eine von ihm beschriftete Fläche zog. Ein Aneurysma bedrohte sein Leben und veränderte ihn nach der glücklich überstandenen Operation. „Emotioni“ heißt ein Zyklus kalligraphieartiger Zeichnungen aus dem Jahr 1998, spontane Bewegungen von Kohlestift und Aquarell-Pinsel. Die Gegensätze zwischen dem Feuerstab und dem Wasserzeichen sind wohl weniger astrologisch gemeint als elementar. Dadurch entsteht eine fast japanische Ästhetik, Standbilder intensiver innerer Bewegung. Seit drei Jahren hat Eckard Hauser seinen italienischen Rückzugsort verlassen und sich in die dichte Lebendigkeit von Berlin begeben, um, wie er sagt, seine deutsche Kultur wieder zu entdecken. Wenn er zum Beispiel mit Holundersaft arbeite, können die Italiener damit nicht viel anfangen. Wir aber um so mehr, und es bleibt zu hoffen, dass nicht nur die Schönheit der aus der Farbigkeit der dunkelroten Beeren entstandenen tropfenförmigen Gebilde hierzulande auf Verständnis stoßen. Lore Bardens Am Sonntag um 16 Uhr gibt es in der Galerie (Hegelallee 41) ein Gespräch zum Thema „Zen und Moderne Malerei“ mit Günther Haasch, Ehrenvorsitzender der Deutsch-Japanischen Gesellschaft und Lehrbeauftragter am Ostasiatischen Seminar der Freien Universität.
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